Um die unerschöpfliche im Festgestein gespeicherte Wärme für die Strom- und Wärmeproduktion nutzen zu können, muss Wasser im Festgestein wie durch einen Durchlauferhitzer (Wärmetauscher) zirkulieren können. Im Normalfall reicht das natürlich vorhandene Wasser in der erforderlichen Tiefe
nicht für einen wirtschaftlichen Betrieb eines Kraftwerks. Deshalb wird eine Tiefenbohrung erstellt, durch die anschliessend grössere Mengen an Wasser in den Untergrund gepresst werden. Dadurch vergrössern sich bereits vorhandene Risse. Durch die sich ausbreitenden Risse entsteht in der
Tiefe ein grosser Durchlauferhitzer. Die Zieltiefe variiert hierbei üblicherweise zwischen 3'000 und 5'000 m. Mit einer zweiten Bohrung wird das System fertig gestellt. Im Betrieb gelangt kaltes Wasser durch die eine Bohrung in den Untergrund, fliesst durch die Risse, erwärmt sich dabei und steigt schlussendlich durch die zweite Bohrung wieder an die Erdoberfläche auf. Dort kann das heisse Wasser zur Stromproduktion und / oder direkt für Heizzwecke genutzt werden.
Weltweit wird seit einigen Jahrzehnten an der Entwicklung von künstlichen Tiefengeothermiesystemen geforscht. Dabei entstanden mehrere Pilotanlagen in verschiedenen Regionen der Welt.
Mit dem „Deep Heat Mining-Projekt“ in Basel wurden für eine Pilotanlage erstmals auch Bohrungen in der Schweiz durchgeführt. Die durchgeführten
Arbeiten lieferten wertvolle Informationen für das Verständnis und die Konzeption solcher Geothermieprojekte in der Schweiz. Die umfassende
Analyse der gewonnenen Daten zeigte verschiedene Faktoren auf, die die Entwicklung der beobachteten induzierten Seismizität, die schlussendlich zum Projektabbruch geführt hat, wesentlich beeinflusst haben. Insgesamt zeigen die Auswertungen jedoch auch, dass es in Basel gelungen ist, ein
riesiges Reservoir in der Tiefe zu schaffen und dass dessen Entstehung durch tausende induzierte Mikrobeben erfolgt ist.
Eine zentrale Erkenntnis aus den bisherigen Projekten ist, dass die Stärke der induzierten Seismizität von der Grösse der künstlich geschaffenen Rissfläche (Reservoirfläche) abhängt (Quelle der Grafik rechts im Bild: Serianex, 2009).
Die Auswertungen haben ebenfalls aufgezeigt, dass im tiefen Untergrund Kräfte vorherrschen, die bei einer Stimulation vertikale Risse erzeugt. Um diese Rissflächen ideal anbohren und in der Betriebsphase als Durchlauferhitzer nutzen zu können, sollten diese nicht wie bisher mittels vertikaler, sondern mittels horizontaler Bohrungen erschlossen werden.
Vertikale Bohrungen sind weniger geeignet, da die entstehenden Risse fast vertikal verlaufen.
Mit horizontalen Bohrungen können die vertikalen Risse hingegen gut angebohrt und genutzt werden.
Basierend auf den umfassenden Erkenntnissen aus verschiedenen Pilotprojekten hat die Geo-Energie Suisse AG das neue, innovative Multi-Stage Stimulationssystem entwickelt. Das Multi-Stage-Stimulationssystem soll einerseits die Effizienz des Reservoirs sowie die Wirtschaftlichkeit des Kraftwerks optimieren und andererseits das Risiko induzierter Seismizität minimieren. Dies, indem das Temperaturniveau auf der gewünschten Solltiefe voll ausgeschöpft wird und die Bildung und Durchströmung des Reservoirs (Durchlauferhitzer) besser gesteuert werden kann.
Das Multi-Stage Stimulationssystem der Geo-Energie Suisse AG bezweckt die Optimierung der Reservoireffizienz, der Projektwirtschaftlichkeit und die Minimierung des seismischen Risikos (Q = Wärmemenge).
Die Bohrlochausrüstungen zur Erhöhung der Durchlässigkeit mittels Multi-Stage-Stimulationssystem beruhen auf der grossen Erfahrung und der eindrücklichen Lernkurve der Erdöl- und Erdgasindustrie. Dies hauptsächlich im Bereich der Entwicklung von nicht konventionellen Lagerstätten für
die fossilen Kohlenwasserstoffe. Mehrere mögliche Lieferanten solcher Ausrüstungen wurden durch interne Spezialisten der Geo-Energie Suisse AG bereits evaluiert.
Das Konzept des Multi-Stage-Stimulationssystems bildet die Grundlage, auf der die Geo-Energie Suisse AG ein ausführungsreifes Bohrprojekt mit den dazugehörigen technischen Spezifikationen für die Bohranlage erarbeitet hat. Dafür arbeitete Geo-Energie Suisse AG mit der Rohöl-Aufsuchungs-Aktiengesellschaft (RAG Energy Drilling) zusammen. Sie ist das älteste bestehende Unternehmen auf dem Gebiet der Erdöl- und Erdgassuche in Österreich.
Das Grundprinzip des neuen Systems besteht aus der Kombination eines schrittweisen Vorgehens mit der kontinuierlichen Überwachung und Neubewertung des Projektes im Laufe des Baufortschrittes. Die Projektarbeiten können so jederzeit an neue Gegebenheiten angepasst und allenfalls sogar gestoppt werden.